16. Mai 2025 – Der Radverkehr ist ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende. Dazu braucht es eine sichere und gut ausgebaute Radinfrastruktur. Diesem Thema widmete sich die 11. Bayerische Fachtagung Radverkehr am 15. Mai in der Kongress- und Konzerthalle Bamberg. Veranstaltet wurde sie vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) sowie der AGFK Bayern.
Mit rund 140 Gästen, darunter Mobilitäts- und Radverkehrsbeauftragte sowie weitere für die Stadt- und Verkehrsplanung Verantwortliche, war die Resonanz erfreulich hoch. Zu Beginn der Veranstaltung gab es eine prominent besetzte Gesprächsrunde: Dr. Thomas Gruber, Ministerialdirektor und Amtschef des StMB, in Vertretung für Staatsminister Christian Bernreiter, Robert Niedergesäß, Vorsitzender der AGFK Bayern und Landrat des Landkreises Ebersberg, sowie Bambergs Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp stellten sich den Fragen der Radio F1-Moderatorin Steffi Pankotsch. Dr. Gruber verwies darauf, dass das Bayerische Verkehrsministerium den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen weiter erhöhen werde durch den konsequenten Ausbau der Radinfrastruktur. Entscheidend sei dabei die enge Zusammenarbeit mit den Kommunen und wichtigen Akteuren des Radverkehrs.

„Ob bauliche Radwege, Schutzstreifen oder Fahrradstraßen: Eine durchgängige und sichere Infrastruktur ist die Grundlage jeder Radverkehrsförderung. Nur so können wir noch mehr Menschen dafür begeistern, das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel zu nutzen“ so Landrat Robert Niedergesäß.
Für die Stadt Bamberg erklärte der Zweite Bürgermeister Jonas Glüsenkamp: „Damit unsere Städte auch in Zukunft lebenswert und attraktiv bleiben, müssen wir Mobilitätsbedürfnisse und Lebensqualität stärker in Einklang bringen. Der Radverkehr spielt hier eine ganz entscheidende Rolle, weil er als nachhaltige Mobilitätsform viele Kfz-Wege ersetzen kann.“
Der Freistaat als Unterstützer
Beim Ausbau der Radinfrastruktur sind der Freistaat und die Kommunen vielfältig tätig und Letztere auch auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Was tut der Freistaat aktuell beim Ausbau der Radinfrastruktur? Welche Förderprogramme gibt es für die verschiedenen Projekte und wo können Anträge gestellt werden? Dazu gab der Leiter des Referates Radverkehr im StMB, Christian Heck, einen Überblick.
Doch nicht nur finanziell unterstützt der Freistaat Bayern die Kommunen. Britta Lösch, Leiterin der Zentralstelle Radverkehr (ZRV) in der Landesbaudirektion Bayern, stellte das dortige Angebot vor: Die ZRV begleitet und berät Kommunen bei Fragestellungen zu Planung, Bau und Betrieb von Radverkehrsinfrastruktur, unterstützt sie bei der Realisierung herausgehobener Radverkehrsprojekte und vieles mehr. Ergänzend hat die ZRV Leitfäden als Arbeits- und Orientierungshilfe erarbeitet. Drei Leitfäden sind bereits erschienen, zwei weitere, die in Kürze veröffentlicht werden, stellte Lösch bei der Fachtagung vor.

Die Kommune als Macher
Nach dem Motto „Einfach machen!“ treiben die Kommunen ihre gewünschten Projekte ehrgeizig voran. So stellte Landrat Alexander Tritthart interkommunale Radverkehrsverbindungen in seinem Landkreis Erlangen-Höchstadt vor, aber auch die Hemmnisse und Herausforderungen auf dem Weg bis zur Fertigstellung der baulichen Maßnahme, insbesondere in naturschutzrechtlich sensiblen Bereichen. „Der Umweltschutz hat Auswirkungen auf die Komplexität des Planungsprozesses hinsichtlich der Dauer und der Kosten. Die Auswirkungen durch die Auflagen erhöhen die Baukomplexität und auch den Aufwand des Unterhalts im Nachgang“, erklärte Tritthart, „aber dicke Bretter gilt es ausdauernd zu bohren!“ Trotz hoher Auflagen habe sich der Aufwand gelohnt. Sein Rat: Bereits bei der Planung Tauschgrundstücke für den Grunderwerb vorhalten. Einen Tag vor der Fachtagung konnte die Beschilderung fertiggestellt werden, die über das Sonderprogramm „Stadt und Land“ gefördert wurde.

In der Stadt Bamberg waren es mehrere kleine Schritte, die letztlich zu Meilensteinen der Radinfrastruktur wurden, wie Bambergs Baureferent Thomas Beese anhand verschiedener Beispiele ausführte. Mit 76.000 Einwohnern auf 54 Quadratkilometern Fläche ist die Weltkulturerbe-Stadt an der Regnitz enorm dicht besiedelt, die historische Altstadt eng bebaut – eine Herausforderung für Stadt- und Verkehrsplaner. „In den engen Gassen bleibt oft nur die Option Mischverkehr“, so Beese. Aber: Die Stadt hat auch viele autofreie Abkürzungen für den Radverkehr geschaffen, etwa durch Rampen entlang von Treppen oder Fahrradbrücken über die Regnitz. Zu den Meilensteinen gehören mittlerweile die Stellplatzsatzung von 2023, die auch den Radverkehr berücksichtigt, Grünpfeile für den Radverkehr und ein Fahrradparkhaus am Bahnhof. „In naher Zukunft planen wir außerdem einen Fahrradturm auf der anderen Seite des Bahnhofs“, verriet der Baureferent.

Vier parallele Fachforen am Nachmittag
Gelegenheit zu Rückfragen und Diskussionen gaben nach der Mittagspause Fachforen zu vier unterschiedlichen Themen. Dr. Michael Stanglmaier, Projektleiter Radverkehr im Landratsamt München, stellte im Rahmen des Themas „Interkommunale Radverkehrsverbindungen“ die Radschnellverbindung München – Garching vor. Ein Teilstück bei Garching wurde im letzten Jahr fertiggestellt. Die Radverkehrsbeauftragte der Gemeinde Ismaning, Katrin Pacreau, schilderte die Herausforderungen beim Bau der Radwegbrücke über die Isar zwischen dem Ortsteil Fischerhäuser und dem Forschungscampus der TU München in Garching, aber auch, wie eine gute Kooperation mit beteiligten Nachbarkommunen gelingen kann, in diesem Fall Garching.
Im zweiten Fachforum unter dem Titel „Attraktive Knotenpunkte“ präsentierte die Zentralstelle Verkehrsmanagement (ZVM), angesiedelt in der Landesbaudirektion Bayern, eine digitalisierte Lichtsignalanlage in Essenbach. Sie sorgt für einen optimalen Verkehrsfluss, auch für den Radverkehr, wie die Expertinnen Dr. Stavroula Deligianni und Elisabeth Ehm zeigten. Auch der „Grüne Pfeil“ für den Radverkehr in Bamberg, den die Radverkehrsbeauftragte der Stadt Dagmar Spangenberg vorstellte, ist vorbildlich. Erst seit fünf Jahren ist die Anordnung des Verkehrszeichens möglich, Bamberg hatte den Grünpfeil bereits 2019 als Pilotprojekt eingeführt. Mittlerweile haben Radfahrende an zahlreichen Ampeln auch bei Rot freie Fahrt beim Rechtsabbiegen.
Best-Practice-Beispiele für neu eingerichtete, innerörtliche Fahrradstraßen in Aschaffenburg und Ingolstadt konnten die Besucherinnen und Besucher in einem weiteren Fachforum kennenlernen, präsentiert von den jeweiligen Radverkehrsbeauftragten Jörn Büttner und Theresa Schneider. Die beiden Städte gehören zu den ersten, die Fahrradstraßen nach dem entsprechenden Musterblatt Radverkehr in Bayern eingerichtet haben. „Dieses Musterblatt war ausschlaggebend dafür, dass wir die Umsetzung von Fahrradstraßen nach langen Überlegungen endlich angepackt haben“, erklärte Schneider. Die Musterblätter Radverkehr entwickelte die AGFK Bayern in Abstimmung mit dem Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie dem Ministerium des Innern, für Sport und Integration als Loseblattsammlung. 15 Musterblätter sind bisher erschienen, weitere befinden sich in Planung.

Zum vierten Thema „Fahrradparken neu gedacht“ lieferte die Geschäftsführerin des ADFC-Landesverbandes Bayern, Petra Husemann-Roew, hilfreiche Informationen zur Planung von Fahrrad-Abstellanlagen und stellte die neue Broschüre „Planung von Fahrrad-Abstellanlagen“ vor.
Wie cleveres Radabstellen in Mittelstädten aussehen kann, veranschaulichte Ulrich Schaller, Leiter der Stabsstelle Mobilität und Verkehr in Amberg. So gibt es in der „Stadt der kurzen Wege“ ein dichtes Netz von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und auch Pendlerinnen und Pendlern wird das Radeln schmackhaft gemacht. Wie? Etwa durch eine sichere Sammelschließanlage am Bahnhof mit acht Steckdosen zum kostenlosen Laden von E-Bikes. Die Plätze können online gebucht werden. „Die Preise sollten am Anfang niedrig sein“, empfahl Schaller, „bei uns sind es 50 Cent pro Tag“. Sonst drohe Leerstand.
Fahrradkino, Resümee und Ausblick zum Abschluss
In Ergänzung zu den Vorträgen und Fachforen bot eine Info-Ausstellung weitere Informationen und Broschüren zum Mitnehmen. Der ADFC zum Beispiel stellte das Projekt InnoRAD vor, hierzu gibt es die Broschüren InnoRAD und InnoRADQuick. Die Zentralstelle Radverkehr präsentierte ihre Leitfäden zu unterschiedlichen Themenbereichen des Radverkehrs. Ausreichend Pausen für Gespräche sorgten dafür, dass die Fachtagung auch in diesem Jahr ihrem Anspruch gerecht wurde, den interkommunalen Austausch und die Vernetzung der AGFK Bayern-Mitgliedskommunen zu fördern.
Nach der Theorie gab es zum Abschluss der Veranstaltung die Möglichkeit, körperlich aktiv zu werden: Das Fahrradkino Bamberg lud dazu ein, selbst den Strom für eine viertelstündige Filmvorführung zu generieren. Hierfür standen fünf Fahrräder bereit, die spezielle Dynamos antrieben. Der stellvertretende Geschäftsführer der AGFK Bayern, Holger Schmidt, ging mit gutem Beispiel voran und trat kräftig in die Pedale.

Das Resümee der Fachtagung: „Bei der Umsetzung der Radinfrastruktur treffen Städte, Gemeinden und Landkreise auf zahlreiche Hürden. Oft müssen diese einen langen Atem haben und mitunter kreative Lösungen finden. Wir als AGFK Bayern unterstützen unsere Mitglieder bei der Schaffung von Radinfrastruktur bestmöglich. Wie man heute gesehen hat mit Erfolg“, konstatierte Landrat Robert Niedergesäß. Stellvertretend für Bambergs Zweiten Bürgermeister Jonas Glüsenkamp fasste Baureferent Thomas Beese für die gastgebende Stadt Bamberg zusammen, dass der Austausch zwischen den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft besonders wertvoll ist, um gute Ideen rasch zu verbreiten und für anspruchsvolle Herausforderungen gemeinsame Lösungen zu finden.
Hinweis: Kommunen können auch in diesem Jahr noch Förderanträge bei den Bezirksregierungen stellen und von den guten Förderangeboten profitieren.
(Text: AGFK Bayern; Fotos: AGFK Bayern/Daniel Karmann)